Julian Weber: Mit olympischem Schwung zu neuen Zielen

leichtathletik.de / Alexandra Dersch • Sept. 07, 2021

Alexandra Dersch

Julian Weber hat in Tokio den bislang größten Moment seiner sportlichen Karriere erlebt. Mit Platz vier im Speerwurf-Finale der Olympischen Spiele sorgte der 26-Jährige für eine der schönen Überraschungen aus deutscher Sicht in diesem Sommer. Ein Erfolg, der aber nur eine Zwischenetappe auf seiner ohnehin bereits bemerkenswerten sportlichen Reise sein soll.

Jede Reise hat ihre ganz eigene Geschichte. Die Geschichte von Julian Webers (USC Mainz) Leistungssport-Reise ist eine mit Ups und Downs, an den unterschiedlichsten Standorten. Eine Reise, die den ehemaligen Handballer von Mainz nach Rostock und weiter nach Potsdam führte – immer wieder unterbrochen von diversen Krankenhausaufenthalten und Verletzungssorgen. Ellbogenverletzungen, Bandscheibenvorfall und nach der WM 2019 in Doha (Katar) eine weitere Fuß-Operation. Kurzum: Der Speerwerfer hat eine Reise hinter sich, die wohl für mehrere Sportlerleben reichen würde.

„Ich habe schon einiges durch“, sagt Julian Weber selbst vor ein paar Tagen, als er einen Blick zurück auf Tokio wirft. Das olympische Finale ist inzwischen einige Wochen her und langsam, ganz langsam kommt bei ihm an, was er am Abend des 7. August überhaupt geschafft hat. „Vierter Platz bei den Olympischen Spielen – vor Olympia hätte ich jedem, der das prophezeit hätte, einen Vogel gezeigt.“

Fokus auf das eigene Können
Es war das Finale, auf das gefühlt ganz Sport-Deutschland hingefiebert hatte. Nicht wegen Julian Weber, das weiß der gebürtige Mainzer genau. Sondern wegen Johannes Vetter (LG Offenburg). „Er ist der Beste der Welt“, sagt auch Julian Weber und seine Stimme ist völlig frei von jeglichen neidvollen Untertönen. „Ich kann die Fragen der Journalisten nach ihm absolut nachvollziehen.“

Doch während Johannes Vetter an diesem Abend im Olympiastadion von Tokio am Bodenbelag schier verzweifelte, blieb Julian Weber ganz bei sich. In seiner Mitte. In seinem Fokus. „Ich habe mich vorher schon bewusst abgeschottet.“ Auf 85,30 Meter katapultierte er den Speer bei seinem besten Versuch in den japanischen Abendhimmel. Weiter hatte er in diesem Jahr noch nicht geworfen. Dass schlussendlich nur 14 Zentimeter zur Medaille fehlten – „das ist mir erst später klar geworden“.

Eine Frage der Perspektive
So nah dran am Podium. Ob er nun Platz vier gewonnen oder eine Medaille verloren hat – das ist eine Frage der Perspektive. „Auf der einen Seite war dieser erste Wurf, der auf 85,30 Meter geflogen ist, der wohl beste Versuch meiner bisherigen Karriere und hätte ich ihn besser stehen können, wäre er bestimmt diese 14 Zentimeter weiter geflogen. Auf der anderen Seite hätte ich im Leben nicht damit gerechnet, dass ich bei diesen Spielen überhaupt in die Nähe der Medaillen kommen könnte.“

Denn zur Reisegeschichte von Julian Weber auf seinem Weg nach Tokio gehören eben auch die bereits angerissenen Verletzungsepisoden der Vergangenheit: Ein gebrochener Daumen, eine Meniskusverletzung, Ellbogen-Verletzungen, ein Bandscheibenvorfall und zuletzt drei Operationen an seinem Fuß am linken Stemmbein. In diesem Jahr war er seit einer gefühlten Ewigkeit endlich einmal beschwerdefrei. Und damit in der Lage, konstant gute Leistungen abzuliefern. Wie etwa auch bei den Deutschen Meisterschaften in Braunschweig Anfang Juni, bei denen er sich erstmals überhaupt den Titel des Deutschen Meisters sichern konnte.

Auf der Suche nach Impulsen
Menschen, die die Erfolgsreise von Julian Weber aktiv mitgestalteten und prägten gibt es viele. Sportlich sind dies aber vor allem seine drei Trainer. „Sie haben mich zu dem Athleten gemacht, der ich heute bin“, sagt Julian Weber. In Mainz war es bis 2018 Stephan Kallenberg, der aus dem talentierten Handballer einen der besten Speerwerfer Deutschlands formte. In Rostock war es Mark Frank, selbst früher als erfolgreicher Speerwerfer für seine feine Technik bekannt, der Julian Weber seine ganze Erfahrung weitergab. Und jetzt aktuell in Potsdam profitiert er vom Wissen des ehemaligen Weltklasse-Speerwerrfers Burkhard Looks und der gemeinsamen Trainingsgruppe um Bernhard Seifert (SC Potsdam).

„Ich habe diesen Weg bewusst gewählt“, sagt Julian Weber. Von keinem seiner Trainer habe er sich im Streit getrennt. Im Gegenteil: „Ich habe ihnen allen unglaublich viel zu verdanken. Aber ich bin ein Typ, der raus will, der Erfahrungen sammeln will, neue Impulse sucht.“

Schwung holen für neue Ziele
All das sind kleine Mosaikstückchen, die sich in der Summe zu dem Bild eines Athleten zusammensetzen, der Julian Weber heute ist. Geerdet. In sich ruhend. In seiner Mitte. Eben genauso, wie er sich auf der größten Sportbühne der Welt, den Olympischen Spielen, präsentierte.

Und der daher auch genau weiß: Seine Sportreise kommt gerade erst so richtig in Schwung. Denn trotz des erfolgreichen Abschneidens in Tokio: Julian Weber ist Leistungssportler durch und durch und zur Genetik der erfolgreichsten Sportler gehört eben auch oft eine Spur Unzufriedenheit, gespeist aus dem Wissen: Es geht noch besser.

„Ich weiß, da steckt noch mehr in mir“, sagt Julian Weber, der bereits in Rio, bei den Olympischen Spielen 2016, Neunter geworden war. Das zu zeigen, dazu hat er in diesem Jahr noch beim Diamond League-Meeting in Paris (Frankreich; 28. August), beim ISTAF in Berlin (12. September) und im besten Fall dann auch beim Diamond League-Finale in Zürich (Schweiz; 9. September) Gelegenheit. Zwischenstationen auf dem Weg zu den nächsten großen Zielen, die da heißen Eugene (USA; WM) und München (EM). Denn 2022 wird ein Jahr mit zwei großen internationalen Höhepunkten. „Ich bin jetzt schon total motiviert“, sagt Julian Weber. „Platz vier in Tokio hat da noch einmal einen extra Schub gegeben.“ Seine Erfolgsreise nimmt gerade erst so richtig an Fahrt auf. 

von Thomas Weber 30 Aug., 2023
Anmerkung der Redaktion: Es ist schon erschreckend mit welcher Arroganz die deutschen Medien einen hervorragenden 4. Platz bei einer sehr hochklassigen Konkurrenz herabwürdigen und die Athleten diffamieren. BILD titelt gar "Die Deutschland-Schande" mit einem großen Foto von Julian. Zum Kotzen!
von DÖRING, CHRISTIAN 15 Aug., 2023
Filmbeitrag von Christian Döring (SWR)
von Thomas Weber 09 Juli, 2023
Schon mit dem ersten Versuch machte Julian Weber (USC Mainz) den Titel-Hattrick bei Deutschen Meisterschaften perfekt. Der Europameister schickte den 800 Gramm schweren Speer in den blauen Himmel über Kassel und auf eine weite Reise, die erst nach 85,59 Metern endete. Damit war dem 28-Jährigen der Sieg nicht mehr zu nehmen. Das reichte ihm aber nicht: Im dritten Versuch legte der Olympia-Vierte 88,72 Meter nach und streckte jubelnd die Arme in die Höhe. Nur in zwei Wettkämpfen seiner Karriere war der Mainzer überhaupt besser. In der Weltjahresbestenliste schob sich der Mainzer damit vorbei an Olympiasieger Neeraj Chopra (Indien; 88,67 m) auf Rang zwei. Weiter hat in diesem Sommer bisher nur der Tscheche Jakub Vadlejch (89,51 m) geworfen. „Ich bin mega-happy mit der Leistung. Die Stimmung war super, aber ich weiß, dass noch mehr drin ist. Das hebe ich mir auf. Die Medaille ist mein Ziel für die WM“, sagte Julian Weber nach seinem Gold-Hattrick. Genauso souverän wie der Titel an Julian Weber ging die Silbermedaille an Maurice Voigt (LG Ohra Energie). Der Thüringer steigerte seine Saisonbestleistung um knapp zweieinhalb Meter auf 77,43 Meter. Überraschend Bronze sicherte sich Casimir Matterne. Der Hannoveraner schnappte mit 71,68 Metern im vierten Versuch Thomas Röhler (LC Jena) die Medaille noch weg. Der Rio-Olympiasieger kam auf 71,44 Meter. Damit fehlten ihm knapp sieben Meter zur Saisonbestleistung. Video auf Leichtathletik.de : https://www.leichtathletik.de/tv/video-detail/video-detail/detail/22666-maenner-speerwurf-video
von Thomas Weber 05 Juli, 2023
Speerwerfer Julian Weber hat seine gute Form im WM-Jahr bestätigt. Der Europameister belegte beim Meeting der Diamond League in Lausanne mit 87,03 Metern Platz zwei hinter dem indischen Olympiasieger Neeraj Chopra, dessen Speer auf 87,66 Meter flog. Weber hat "die 90 Meter im Körper drin" Der 28-jährige Weber, der beim Wettkampf in der Schweiz lange geführt hatte, fühlt sich nach eigener Einschätzung "in einer Form wie noch nie". Er hofft in diesem Jahr, erstmals die 90 Meter zu werfen. Zuletzt hatte er bei der Team-EM im polnischen Chorzow bei seinem Start gewonnen (86,26 Meter). "Ich wollte heute unbedingt gewinnen. Deswegen ärgert es mich ein bisschen", sagte Weber bei Sky. "Ich hatte die 90 heute im Körper drin. Trotzdem bin ich mit dem zweiten Platz zufrieden." Die nächste wichtige Etappe auf dem Weg zu den Weltmeisterschaften vom 19. bis 27. August in Budapest sind die deutschen Meisterschaften am 8. und 9. Juli in Kassel. Dort will Weber seinen dritten deutschen Meistertitel gewinnen
von Thomas Weber 12 Juni, 2023
Mit den nächsten starken Würfen hat Julian Weber nach dem Triumph von Rehlingen den nächsten Sieg eingefahren: In Hengelo ließ er am Sonntag seinen Speer bis auf 87,14 Meter segeln. Der Speerwurf der Männer bot am Sonntag bei den FBK Games in Hengelo (Niederlande) gleich in mehrerer Hinsicht einiges an Brisanz: Europameister Julian Weber (USC Mainz) hatte zuvor in Rehlingen mit 88,37 Metern eine Kampfansage geliefert und angekündigt, dass die 90-Meter-Marke bald fällig sein soll. Die beiden 90-Meter-Werfer Johannes Vetter (LG Offenburg) und Andreas Hofmann (MTG Mannheim) dagegen standen für ihren ersten Start des WM-Sommers auf der Startliste. Schließlich war es erneut Julian Weber, der mit weiten Würfen glänzen konnte: Schon mit seinem zweiten Wurf auf 86,78 Meter setzte er sich an die Spitze des Feldes, in Runde sechs konnte er sich sogar noch einmal steigern und schließlich mit 87,14 Metern den Sieg beim Gold-Label-Meeting der World Athletics Continental Tour feiern. Er ließ damit unter anderen den Olympiasieger von 2012 und Olympia-Dritten von 2016 Keshorn Walcott (Trinidad und Tobago; 83,56 m) hinter sich. Leider verletzte sich Andreas Hofmann beim Einwerfen schwer am Knie und musste somit verzichten ebenso wie Olympiasieger Neeraj Chopra (Indien), der schon zu Beginn der Woche mit muskulären Beschwerden abgesagt hatte –, feuerte Johannes Vetter erstmals seit fast genau einem Jahr wieder die ersten Wettkampf-Würfe in den Abendhimmel. Damit ist der Anfang gemacht, dass das Comeback nach hartnäckigen Schulterbeschwerden jedoch kein Selbstläufer wird, dokumentieren die ersten vermessenen Weiten von 72,28 und 72,85 Metern. Quelle: Leichtathletik.de
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Fotos: Imago (lizensiert)
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